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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 23.06.2008
Aktenzeichen: 5 Ta 14/08
Rechtsgebiete: ArbGG
Vorschriften:
ArbGG § 98 |
2. Die Zurückweisung der Beschwerde gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts löst auch bei einem zugrunde liegenden Beschlussverfahren eine Gebühr aus.
Tenor:
Die Beschwerde des Herrn Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2, Herrn Rechtsanwalt E., gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. Mai 2008 - 14 BV 7/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Im Ausgangsverfahren ging es gemäß § 98 ArbGG um die Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden nebst Beisitzern zum Thema Interessenausgleich bezüglich der Neustrukturierung am Standort H. der Beteiligten zu 1. Die Beteiligte zu 1. hat rund 2400 Mitarbeiter, von denen ca. 340 in H. beschäftigt werden. Zwischen den Betriebsparteien war insbesondere die geplante Verlagerung des Bestandskreditgeschäfts von H. nach M. streitig.
Nachdem das Ausgangsverfahren durch einen Vergleich beigelegt wurde, hat das Arbeitsgericht in dem angegriffenen Beschluss vom 30. Mai 2008 den Gegenstandswert auf EUR 4.000,- festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass wegen der Bedeutung des Einigungsstellenerrichtungsverfahrens nach § 98 ArbGG für die Durchsetzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats für ein solches Verfahren bei einem Streit der Beteiligten über die Zuständigkeit der Einigungsstelle je nach der Bedeutung der zu Grunde liegenden Angelegenheit in der Regel ein Gegenstandswert zwischen dem halben Hilfswert und dem vollen Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG anzunehmen sei. Dabei werde ein Einigungsstelleneinsetzungsverfahren im Zusammenhang mit einer größeren Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG wegen der besonderen Bedeutung für die betroffenen Arbeitnehmer regelmäßig mit dem vollen Hilfswert in Ansatz zu bringen sein. Bei Regelungsgegenständen von geringerer Bedeutung sei ein angemessen niedrigerer Gegenstandswert zu Grunde zu legen. Wie grundsätzlich bei einer Wertfestsetzung für nicht vermögensrechtliche Streitgegenstände könnten sich der Umfang und die Schwierigkeit der Angelegenheit im Einzelfall den Wert verringernd oder erhöhend auswirken. Zu berücksichtigen sei, dass die Beteiligten maßgeblich über die Zuständigkeit der Einigungsstelle für betriebsorganisatorische Maßnahmen streiten würden, dabei insbesondere um die Frage, ob bereits ein ausreichender innerbetrieblicher Einigungsversuch erfolgt sei. Insoweit sei angesichts der Bedeutung eines Einigungsstellenverfahrens wegen eines Interessenausgleichs für die betroffenen Mitarbeiter und das Unternehmen von einem Wert des Beschlussverfahrens von jedenfalls EUR 4.000,- auszugehen. Eine Erhöhung sei allerdings nicht veranlasst, da es nicht um das "Ob" der Betriebsänderung, sondern nur um die Einsetzung der Einigungsstelle zu Verhandlungen über den Interessenausgleich gegangen sei.
Gegen diesen ihm am 6. Juni 2008 zugestellten Beschluss wendet sich der Herr Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 2. mit seiner am 13. Juni 2008 bei Gericht eingegangenen Beschwerde. Er verweist insbesondere darauf, dass es sich bei dem Wert gemäß § 23 Abs. 3 RVG um einen Hilfswert handele, so dass auf jeden Fall alle Möglichkeiten auszuschöpfen seien, um einen Wert zu finden, der für den Rechtsanwalt angemessene Gebühren ergibt. Dem Einigungsstellenverfahren liege eine Betriebsänderung zugrunde, die ca. 300 Mitarbeiter betreffen würde.
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige - aus eigenem Recht eingelegte - Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist unbegründet.
1. Der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren ist vom Arbeitsgericht zu Recht auf EUR 4.000,- festgesetzt worden.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (LAG Hamburg, Beschluss vom 19.07.2005 - 5 Ta 16/05 - n.v.; Beschluss vom 16.11.2005 - 3 TaBV 6/05 - LAGE § 23 RVG Nr 4; Beschluss vom 09.03.2005 - 3 Ta 28/04 - n.v. Juris), die auch von der überwiegenden Rechtsprechung anderer Landesarbeitsgerichte geteilt wird (LAG Hamm, Beschluss vom 26.09.1985 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 4; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.12.1979 - BB 1980, 321; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 21.09.1990 - DB 1991, 184; LAG München, Beschluss vom 01.09.1993 - DB 1993, 2604; LAG Niedersachsen, Beschluss vom 30.04.1999 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 40; LAG Köln, Beschluss vom 05.08.1999 - NZA-RR 2001, 52), ist das Einigungsstellenbesetzungsverfahren nach § 98 ArbGG regelmäßig mit dem in § 23 Abs. 3 RVG festgelegten Ausgangswert von EUR 4.000,00 zu bewerten. Wenn allerdings neben der Zuständigkeit - also dem Mitbestimmungsrecht - auch noch die Person des Vorsitzenden oder die Zahl der Beisitzer umstritten ist, ist an eine Werterhöhung zu denken (LAG Hamburg vom 16.11.2005 aaO.; LAG Hamm, Beschluss vom 05.11.2007 - 10 Ta 609/07 - n.v. Juris).
Von dieser Bewertung abzuweichen, besteht keine Veranlassung. Der Umfang des wirtschaftlichen Interesses im vorliegenden Verfahren ist nicht abschätzbar, zumal es ja erst vorbereitend für die Arbeit der Einigungsstelle ist. Es sind auch nicht immaterielle Interessen bestimmbar, die es erforderlich machten, einen höheren Wert festzusetzen. Es handelt sich nicht um ein "normales" Beschlussverfahren, sondern um eine summarische Prüfung der offensichtlich bzw. nicht offensichtlich gegebenen Zuständigkeit der einzusetzenden Einigungsstelle gemäß § 98 ArbGG. Die Bedeutung einer Entscheidung nach § 98 ArbGG ist regelmäßig eher gering (ebenso LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.07.1992 - 3 Ta 68/92 -; ebenso LAG Berlin, Beschluss vom 03.11.1987 - 1 Ta 112/87 --, LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.03.1993 - 4 Ta 13/93 - und 4 TaBV - vom 14.10.1993, Beschluss vom 18.10.1994 - 4 Ta 105/95 -), denn es geht dabei lediglich um die Frage der Einsetzung eines Entscheidungsgremiums, das dann selbst die im Betrieb bestehende eigentliche Streitfrage aus dem Betriebsverfassungsgesetz einer verbindlichen Regelung zuführen soll (Sächsisches Landesarbeitsgericht vom 20. Dezember 1999 - 4 Ta 321/99 - AiB 2000, 646). Es lässt sich vorliegend deshalb - auch bei Berücksichtigung des Regelungsauftrages der Einigungsstelle - eine Abweichung vom Hilfswert vernünftigerweise nicht begründen.
Vorliegend waren darüber hinaus weder die Person des Vorsitzenden noch die Zahl der Beisitzer und eigentlich auch nicht die grundsätzliche Zuständigkeit der Einigungsstelle im Streit. Vielmehr war aus Sicht des Betriebsrates das nach §§ 111, 112 BetrVG einzuhaltende Verfahren der rechtzeitigen und umfassenden Unterrichtung mit anschließender Beratung und Verhandlung schlicht noch nicht soweit gediehen, dass die Anrufung der Einigungsstelle veranlasst war. Im Streit war damit im Grunde die Frage, ob die Arbeitgeberin das vom Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Verfahren unzulässigerweise hat abkürzen wollen.
Diese Konstellation hätte aber angesichts o.a. Rechtsprechung eher die Frage aufgeworfen, ob nicht bei der Wertfestsetzung vom Hilfswert Abschläge hätten gemacht werden müssen. Wegen des Verschlechterungsverbotes ist dem nicht weiter nachzugehen. Mit der Festsetzung des Hilfswertes ist das Einigungsstelleneinsetzungsverfahren jedenfalls angemessen bewertet.
2. Die Kosten- bzw. Gebührenpflicht für die Beschwerde ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit dem Gebührenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG Nr. 8613. Die Gebührenfreiheit gemäß § 33 Abs. 9 RVG gilt nur für das Verfahren über den Antrag, nicht für das Beschwerdeverfahren (ebenso: LAG Hamburg v. 15. 3. 2005 - 3 Ta 33/04 - n. v.; Beschluss v. 17. 6. 2005 - 1 Ta 4/05 - n. v.; im Ergebnis ebenso: LAG Bremen v. 27. 08. 2004 - 3 Ta 45/04 und 48/04 - NZA 04, 1179). Wie sich aus § 33 Abs. 9 Satz 1 RVG einerseits und Satz 2 dieser Bestimmung andererseits ergibt, unterscheidet das Gesetz zwischen dem Verfahren über den Antrag und dem Verfahren über die Beschwerde. Die Anordnung der Gebührenfreiheit in Satz 1 bezieht sich ausdrücklich nur auf das Verfahren über den Antrag. Satz 2 schließt die Kostenerstattung aus. Wie sich aus der Trennung mit einem Semikolon ergibt, bezieht sich die danach folgende Regelung "dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde", nur auf Satz 2. Hätte der Gesetzgeber auch Satz 1 auf das Beschwerdeverfahren für anwendbar erklären wollen, hätte es nahe gelegen, den 2 Halbsatz von Satz 2 als eigenständige Regelung in einem Satz 3 zu formulieren oder eine § 66 VIII GKG entsprechende Regelung zu wählen, wo es heißt: "Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet."
Der Gebührenpflicht steht auch die Kostenfreiheit für betriebsverfassungsrechtliche Beschlussverfahren nicht entgegen. Sie umfasst nicht das Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung für den Rechtsanwalt. In diesem Nebenverfahren werden keine betriebsverfassungsrechtlichen Ansprüche, sondern eigenständige Ansprüche des Verfahrensbevollmächtigten verfolgt. Diese haben ihren Ursprung allein im RVG bzw. in den Kostenbestimmungen. Es geht nicht um die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Beteiligten, sondern allein um die gebührenrechtliche Stellung des Rechtsanwalts (LAG Köln 07.09.2007 - 10 Ta 224/07 - n.v. Juris Schwab-Vollstädt, ArbGG 2. Aufl. 2008, § 12, Rdnr. 82, 125 m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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